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// Alex Baur, Weltwoche

Indiana Reto in Amerika

Jedenfalls traf er die goldrichtige Wahl, als er Reto Brennwald...

Wenn Europäer den Europäern Amerika erklären, dann kommt es selten gut. Amerika muss man einfach sehen, und dafür ist das Fernsehen das ideale Medium. Vielleicht sieht das Dok-Chef Christoph Müller von SF auch so. Jedenfalls traf er die goldrichtige Wahl, als er Reto Brennwald zusammen mit dem Kameramann Laurent Stoop auf die Panamericana schickte, die sich entlang des Pazifiks von Alaska bis nach Feuerland über den Kontinent erstreckt. Die Idee ist nicht neu. Doch das sieben­teilige Roadmovie enthält echte Perlen. Das hat viel mit Brennwald zu tun. Er glänzt durch eine Tugend, die ihn bereits in der «Arena» auszeichnete: ein Gespür für die einfachen, aber wesentlichen Fragen. Schon sein Outfit, das an Indiana Jones erinnert, signalisiert: Hier ist nicht der allwissende Reporter unterwegs, sondern ein Gringo, der etwas entdecken möchte.

Gelungen ist die Auswahl der Motive, vor allem in Südamerika, wo die (sozialen) Klischees auf den Reporter lauern wie die Piranhas auf gekenterte Touristen im Rio Madre de Dios. Die Geschichten, welche uns die am letzten Freitag ausgestrahlte Folge erzählte – eine kolumbianische Medizinstudentin beschwört Schönheitsoperationen, in Lima referiert eine arrivierte Sängerin (unter dem versteinerten Blick ihrer Grossmutter) offenherzig über ihre sexuelle Aufklärung, ein fischender Koch berichtet von schnarchenden Fischen –, bieten überraschende Einblicke.

So kurios die Geschichten anmuten, sie sind der bunten Realität Lateinamerikas um Welten näher als das meiste, was man gewöhnlich vorgesetzt bekommt. Anerkennung gebührt hier lokalen Koproduzenten, die Indiana Reto zu den richtigen Menschen und Schauplätzen führten.

Genial ist der Schnitt. Als sich etwa ein selbsternannter Schamane in Cusco über die Armut beklagt, zoomt die Kamera ungeniert auf seine Katze, die sich gerade mit Büchsenfutter verköstigt. Was auf den ers­ten Blick als Widerspruch daherkommt, ist erheiternd und verleiht dem Film überdies Glaubwürdigkeit. Mit Spannung erwartet man die nächste Folge, die von der Haute Couture in Evos Bolivien handelt.

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